Ich spaziere durch Berlin. Dienstag, Mittag, Spätsommer. Auf dem Gehweg lauter Markierungen. Flucht, 5 Personen, mit Datum, Sechziger. Immer wieder solche Steine. Ich denke: Hier, an diesem Ort, flüchteten Deutsche nach Deutschland.
Ich gehe weiter. Plötzlich Stäbe, die aus dem Boden in die Luft ragen. Mauerdenkmal. Hier stand eine Mauer. Mitten in der jetzigen Hauptstadt isolierte sie den westlichen vom östlichen Teil der Stadt, des Landes, der Welt. Kapitalismus gegen Sozialismus, West gegen Ost, Deutsche gegen Deutsche.
Heute geht wieder eine Trennung durch Deutschland. In Chemnitz gingen zunächst Leute auf die Straße, die gerne vor 80 Jahren gelebt hätten. Pro Chemnitz und Pegida demonstrieren, die AfD schließt sich an, eine Partei, die es in das deutsche Parlament geschafft hat.
Gestern dann die andere Seite. 65.000 Menschen, vereint durch #wirsindmehr, rufen vor Beginn der Konzerte gemeinsam: „Nazis raus! Nazis raus!“
Das ist die Trennung in Deutschland: rechte, rückwärtsgerichtete Kräfte verschaffen sich Gehör. Sie sind gegen Andere, „Fremde“ – aber wer ist schon fremd? Wir alle sind fremd, das ist nur eine Frage der Perspektive. Wir alle sind Menschen, egal in welchem Land wir in diese Welt geworfen wurden.
Ich laufe weiter am ehemaligen Standort der Mauer entlang. Irgendwann komme ich zum Hauptbahnhof. Von dort Züge nach München, Basel, Amsterdam, Danzig. #keinegrenzen #vereinteseuropa #wirsindmehr
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